Zwangs-Kur in Berchtesgaden

Zugegeben: Es hätte schlimmer kommen können! Seit einer Woche weilen wir nun im beschaulichen Berchtesgaden, einem Bergidyll wo andere teure 5-Sterne Erholungsurlaub verbringen. Dert Grund dafür:

Der Ursprung allen Übels: Giros Achillessehnen sind auf beiden Seiten gereizt.


Wie bereits in unserem letzten Beitrag beschrieben, haben wir unseren Körpern anfangs wohl etwas zuviel zugemutet. Die Strafe des unerbittlichen Radl-Gottes dafür sind zwei gereizte Achillessehnen an Giros Beinen. Einige Arztbesuche brachten die Sicherheit, dass die Sehnen zumindest nicht ernsthaft entzündet sind, die Ruhe und diverse Cremes und Salben sorgten im Laufe der Woche für eine gute Heilung des geschwollenen Hinterfußes. Dennoch: eine solche Sehnenverletzung kann heimtückisch und langwierig sein, deswegen ist bei unserer Weiterfahrt Vorsicht geboten. Als Sofortmaßnahme werden die Beine beim Weiterfahren jetzt bandagiert, der Sattel tiefer gestellt und unsere Satteltaschen einer Blitz-Diät unterzogen. Morgen können wir so hoffentlich gemütlich weiterrollen. Wir haben auf jeden Fall ziemlich viele Hummeln im Hintern und wollen uns so schnell wie möglich auf den weiteren Weg Richtung Indien machen.

Berchtesgaden, das sind:

Urige Häuser…

…viel gutes Essen…

…und wilde Diskussionen vor bergiger Kulisse

Wie bereits geschrieben, wohnen wir in einer chaotischen und unglaublich gastfreundlichen Großwohngemeinschaft von Schnitzschülern. Eigentlich täglich zaubert einer der Bewohner ein Festmenü aus „containerten“ Lebensmitteln. (Übrigens: erst heute wurde in der Tagesschau darüber berichtet, wie viel essen jeder Deutsche pro Jahr wegschmeißt – es ist ziemlich genau das Gewicht eines Simons vor dieser Radtour). Nach einem nächtlichen Großeinkauf war Malte, Giros Mitbewohner aus Spanien und der Grund für unsern Aufenthalt in B’gaden, nicht mehr zu halten und sorgte für 8 Liter frischgepressten Orangensaft und einen 10-Personen-3-Tagesvorrat an Bananenmilch.

Malte, der Schrecken jedes Obstkorbs

Auch das wohlverdiente „Mittags-Gruähjerle hat hier 5-Sterne Charakter.

Fürstlicher Verdaungsschlaf

Der Aufenthalt in Berchtesgaden kam allerdings nicht nur unseren geschundenen Körpern zugute. Wir konnten die Gelegenheit auch nutzen, um ein paar organisatorische Angelegenheiten zu regeln, die wir im Eifer des Aufbruchs nicht mehr geschafft haben. Unter anderem haben wir jetzt Postkarten gedruckt um Gastgebern und anderen netten Menschen die wir unterwegs treffen ein kleines Präsent mitgeben zu können. Unser Gastgeber Luki freute sich sehr uns bei einem mittäglichen Shooting in Szene zu setzen, wir wollen euch natürlich diese traumhaften Bilder nicht vorenthalten:

Die alten Poser

Kleine Tour durch Berchtesgaden

Das Hohe Brett im Hintergrund

Blick auf den bösen König Watze mit Familie

Der über dem Königssee thronende, 2713 m hohe Watzmann (rechter Gipfel) war ursprünglich gar kein Berg, sondern ein König. Weil er seinerzeit Angst und Schrecken unter seinem Volk verbreitete wurde er zusammen mit seiner nicht weniger grausamen Frau (der linke Gipfel) und seinen 5 Kindern (dazwischen) von Gott höchstpersönlich zu Stein verwandelt.

Neben dem täglichen Festmahl war „unsere“ WG auch sehr gut mit Möbeln, Tellern und anderen Haushaltsgegenständen ausgestattet. Aber die liegen doch nicht in irgendwelchen Containern rum, oder?

Wie eingefroren: Viele Räume in der ehemaligen Kurklinik Stanggaß scheinen von heute auf morgen verlassen worden zu sein

Nein, aber im Krankenhaus! Seit 10 Jahren steht das ehemalige Krankenhaus leer, angeblich will ein Investor ein Wellness-Hotel daraus schaffen – bisher sind aber alle Planungen Luftschlösser. Das Riesengebäude ist frei zugänglich, die endlos langen Gänge, das marmorne Treppenhaus und anzike medizinische Geräte bieten dem Entdecker Stoff für stundenlange Erkundungstouren. Völlig intakte Betten, Bürostühle, Sessel, Besteck und jede Menge Klamotten liegen gut erhalten in den verlassenen Räumen – ein Mahnmal sinnloser Verschwendung. Unsere Freunde nutzen die unheimliche Atmosphäre in den verlassenen Bauten um Fotos für eines ihrer Theaterprojekte zu schießen.

Die einsame Braut bei ihrem Auftritt auf der Krankenhausbühne

Doch noch etwas trug sich zu im südöstlichsten Zipfel Deutschlands. Adolf Hitler und die NSDAP erbauten auf dem über Berchtesgaden gelegenen Obersalzberg ein „Führersperrgebiet“, fast schon einen zweiten Regierungsbezirk. Auf dem Berghof empfing Hitler Staatsgäste und setzte sich vor der imposanten Kulisse medienwirksam in Szene. Anfangs standen die Menschen stundenlang Spalier um ihren Führer live zu sehen, zu tausenden wallfahrten sie auf den Obersalzberg. Aber auch diese ungestörte Bergidylle war nur Schein: Zur Sicherheit des GröFaZ musste das ganze Gebiet hermetisch abgeriegelt werden, dazu wurden alle Bewohner von Obersalzberg zwangsenteignet.

Dokumentationszentrum Obersalzberg

Von den einstigen Nazibauten ist nicht mehr viel übrig, sie wurden kurz vor Ende des Kriegs zerstört (man wähnte Hitler’s Versteck hier oben) und beim Rückzug von den Nazis selbst verbrannt. Erhalten und zugänglich sind jedoch Teile des Bunkersystems, dass die Gebäude unterirdisch verband. In einem neugebauten Gebäude befindet sich ein sehr spannendes Doku-Zentrum.

Bunkeranlage

Und für alle, die es uns immer wieder gesagt haben, ist hier nochmal die Bestätigung, weiß auf Schwarz sozusagen:

4 Kommentare

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4 Antworten zu “Zwangs-Kur in Berchtesgaden

  1. Klasse post, weiter so und hoffe Ihr seid bald wieder fit.

  2. Interessanter Bericht und tolle Bilder!
    Um die Aussicht und den Verdauungsschlaf beneide ich Euch etwas, nicht jedoch um die Achillessehnen-Geschichte – das ist wirklich schmerzhaft und kann (wie ich feststellen musste) auch recht langwierig sein, wenn man sich nicht an die ärztlichen Empfehlungen hält.
    All the best!

  3. Mari

    Alles Gute euch beiden und gute Weiterfahrt!
    Es macht viel Spaß euch durch euren Blog ein bisschen verfolgen zu können.
    Viele liebe Grüße,
    Mari

  4. Luke

    jungs, es war der wahnsinn mit euch! danke für die guten vibes, die ihr hier verbreitet habt, das sisyphos-artige abspülen, beim „siedler von catan“ spielen abkacken und uns einfach das gefühl geben, dass wir tolle gastgeber sind! es hat unglaublich viel spaß gemacht mit euch jungs abzuhängen. kommt auf jeden fall wieder vorbei, wenn ihr wiedermal irgendwo hin radelt! und viel glück mit deinen sehnen giro!

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